Die Mathematik der „Goldberg-Variationen“
Wenn es zwei Stücke in der Geschichte der Musik gibt, an deren Rätsel sich die Welt abarbeitet, dann sind das wohl Beethovens „Diabelli-Variationen“ und dank Glenn Gould seit 1955 zum Kultformat geworden: Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“.
So hat er bei den Salzburger Festspielen zwei Gipfelzyklen der Musikgeschichte gleich nacheinander gespielt: Bachs Goldberg-Variationen und Beethovens Diabelli-Variationen.
Von Michael Stegemann
Es wird für immer "sein" Werk bleiben: Die Goldberg-Variationen von Bach, mit deren Schallplatten-Aufnahme für die Columbia der kanadische Pianist Glenn Gould 1955 quasi über Nacht weltberühmt wurde.
Zielsicher wählt Caine die Namen aus dem Bereich der Klassik, die größtmögliche Aufmerksamkeit versprechen, und gleichzeitig entfernt er sich in den Mitteln, mit denen er arbeitet, immer wieder auch aus dem Hoheitsbereich des Jazz: Caines GoldbergVariations (2000) zeigen in praller Deutlichkeit sowohl die weite Palette und die musikalischen Stärken als auch die Grenzen dieser Arbeitsweise: Während Bach in seinen 32 Varianten einer Harmoniefolge einen Bogen von der Kirche bis zum Trinklied schlug, bringt es Caines Doppelalbum auf 70 Variationen, von der textgetreuen Exposition der zugrunde liegenden Aria auf einem barocken Silbermann-Flügel über Tanzversionen als Walzer, Mambo oder Drum & Bass bis hin zu rein elektronischen oder frei improvisierten Varianten.
Seelenlos" seien seine Goldberg-Variationen, "glanzlackversiegelt" sein Chopin, selten mehr als "kalkuliert" sein Blick auf Rachmaninow, Schumann, Beethoven.