Arnold Schönberg, porträtiert 1917 von Egon Schiele Ursprünglich war der Ausdruck eine polemische Worterfindung zur Verunglimpfung der neuen KompositionsmethodenArnold Schönbergs und seiner Schüler Alban Berg und Anton Webern um 1910. Später setzte sich der Begriff als Bezeichnung für Musik, die nicht auf ein tonales Zentrum bezogen ist, durch. Alle Töne der Skala sollen gleichwertig sein, ein Grundton oder eine Grundtonart sollten nicht mehr existieren. Konsequenterweise entwickelte Schönberg hieraus um 1920 die Zwölftonmusik. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte sich die Erkenntnis durch, dass vollständig atonaleMusik viele Musikhörer überfordert. Zahlreiche zeitgenössische Komponisten wie Arvo Pärt, Samuel Barber u.a. wandten sich daher wieder stärker der Tonalität zu.
„Innerhalb einer Komposition mag ich Improvisation überhaupt nicht. Nur im Jazz, also in stilistisch normierten Formen, mit einem vorgegebenen begrenzten Vokabular, kann man damit einiges machen. Das besitzt oft hohe Qualität, ob das nun tonal ist wie bei Louis Armstrong, modal wie bei Miles Davis und John Coltrane oder atonal wie bei Cecil Taylor – es ist ganz große Musik. Aber in komponierterMusik, in meinem Fach, bin ich für genaue Ausarbeitung und Notation wie bei Bach.“
Als einige Komponisten vor gut 100 Jahren zu der Einsicht gelangten, dass die Harmonien verbraucht und an die Grenzen ihrer Ausdrucksmöglichkeiten gelangt waren und sie daher beschlossen, dass Atonalität und die geschmähten Dissonanzen fortan erlaubt sein sollten, erschien ihnen das wie eine zwingende Konsequenz aus dem Lauf der Musikgeschichte.
Doch auch Nichtjuden traf die Ächtung der Nationalsozialisten: der "atonale" Hindemith erhielt Aufführverbot, der "Niggermusik" schreibende Ernst Krenek ebenso, verpönt waren die Lieder der "Eunuchen",
Am Pranger standen Schlager, Operette und atonale Musik, vor allem aber die Musik jüdischer Komponisten und die als "Niggermusik" diffamierte Jazzmusik.
Musikfeuilleton | Beitrag vom 09.12.2018
Tiefere Schichten der Wahrnehmung
Zwölftontechnik und Psychoanalyse
Von Egbert Hiller
Atonalität und Traumdeutung haben mehr miteinander zu tun, als es scheinen mag.
In der Entwicklung zur Atonalität, schon von Richard Wagner angebahnt, überholte Webern sogar seinen Lehrer Schönberg, wie ein postum entdecktes Streichquartett von 1905 beweist.
Bild: Deutschlandradio - Bettina Straub)
Förderkreis für Atonalität
Vor 90 Jahren wurde in Salzburg die Internationale Gesellschaft für Neue Musik gegründet
Von Stefan Zednik
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Begriff "Neue Musik" zum Markenzeichen für unharmonische und schräge Musik.