Konzert | Sendung am 20.07.2017 um 20:03 Uhr
Der Dirigent und Komponist MichaelGielen wird 90
Ein Herausforderer
Ein Porträt des Künstlers mit zweien seiner Montage-Konzerte, einer eigenen Komposition und im Gespräch
Bei MichaelGielen war man nie vor Überraschungen sicher; zu den größten für die Hörer zählte sicher, wenn er Meister verschiedener Jahrhunderte miteinander "verschnitt" wie eine gute Wein-Cuvée.
Siemens-Musikpreis für MichaelGielen
Ein preußischer Wiener
Von Hans-Klaus Jungheinrich
MichaelGielen (Bild: dpa)
Aber gewiss doch: Bald geht die Welt unter.
8. März 2019, 22:37 Uhr
Zum Tod von MichaelGielen
Die Wahrheitsliebe der Musik
Der gebürtige Dresdner Gielen war Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters und galt als einer der wichtigsten Dirigenten der Gegenwart.
Dazu hat besonders Viscontis Verfilmung von Thomas Manns "Tod in Venedig" beigetragen, die das Adagietto aus Mahlers Sinfonie ausgiebig nutzt - in einer Art und Weise, die der Dirigent MichaelGielen als "genial-pervers" bezeichnet.
In diesem Sinne haben die Chefdirigenten von Hans Rosbaud über Ernest Bour bis zu MichaelGielen gearbeitet und ein Orchester kultiviert, das für seine schnelle Auffassungsgabe beim Entziffern neuer, "unspielbarer" Partituren ebenso gerühmt wird wie für exemplarische Aufführungen und Einspielungen des traditionellen Repertoires eines großen Sinfonieorchesters.
Und auch MichaelGielen, der Sohn Josef Gielens, und der in Buenos Aires als Sohn russisch-jüdischer Emigranten geborene Daniel Barenboim machen als Musiker ihren Weg.
MichaelGielen, der Adornos Ideologiekritik an der Achten in sich »aufgesogen« hatte, bewunderte später, wie hier »Theologie in Sinnlichkeit umgesetzt wird; dass es sinnlich erfahrbare Schönheit ist«.
Ganz im Sinne des Preisträgers von 2010, dem Dirigenten MichaelGielen, der gestand: Bei manchem seiner Vorgänger habe er schon gedacht, warum der und nicht ich?
Doch dann erschien, dirigiert von einem Mann des dezidierten Fortschritts - MichaelGielen - dieses Werk auf dem Plan und sorgte mit seiner spezifischen Gemengelage für Irritation, Widerspruch und Begeisterung.
40 Jahre Siemens Musikpreis - da liest sich die Liste der Preisträger zwangsläufig wie ein Who’s Who der musikalischen Moderne: von Benjamin Britten über Dietrich Fischer-Dieskau bis Claudio Abbado, vom gerade verstorbenen Henri Dutilleux über Alfred Brendel bis Nikolaus Harnoncourt und MichaelGielen.